Malerei

Halber Längengrad

Grau in der Ebene beginnend
Dem Lotsenstern folgend
Noch matt über das Schneegebirge
Ergrünend hinter dem Pass ins lange Tal
Rechts nach vorn weisende Pfeile: Sud!
Links rückwärts zeigend: Nord
Doch diese jetzt ohne Bedeutung

Sonne. Der Süden fängt an
Das Tagtraumfenster weit öffnend
Fortuna beginnt zu lächeln
Azzurro am Himmel zu glänzen
Schirmpinien werfen durchbrochene Schattenmuster
Zypressen stehen Spalier
Das uralte Meer, von Anbeginn da, verjüngt sich
Schimmert perlmuttfarben in den Buchten

Halber Längengrad, blau sich färbend
Drei  Zeitebenen durchdringend
Im Stein die andauernde  Antike
Das turmreiche  Mittelalter immer noch nah
Centro Storico – dort ist es.
Über allem die Gegenwart
Espressohaltig die Luft
Der freundliche Barista.
Ciao Bella, andiamo al Bar

Halber Längengrad
Direkt in das Zentrum der Farbquelle führend
Andauerndes Blau
Oliven Palmen Tamarisken Kaktusfeigen
Sonne und Mond stehen gleichzeitig am Himmel
Vulkaninseln weit ins Meer gestreut
Am Lido versandet die Zeit

Halber Längengrad
Die Pfeile fliegen vorbei
Süden Süden Süden
Verdopplung der Sonne
Aufprall des Lichtes

Halber Längengrad, dort wo sein Blau am tiefsten ist
Stürzt er ins Meer
Ertrinkt, wird schwarz und unauffindbar

Aber – man kann umkehren
Zurück zum Ausgangspunkt
Und die Reise wiederholen
immer und immer wieder
Der Längengrad bleibt und nutzt sich nicht ab
UND ICH, ICH WERDE NICHT MÜDE